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Viele Teams hätten zunächst Angst gehabt, sich auf neue Arbeitsweisen einzustellen, berichten beide IT-Experten. Selbstbestimmung sei zwar vielenorts auf Gegenliebe gestoßen, an der Übernahme von Verantwortung seien jedoch manche Teams gescheitert. Aus diesem Grund müsse man darauf achten, das System nicht aufzuzwingen, erklärt Ralf Waltram. Bei BMW etwa müsse nicht jeder mit Scrum-Methoden arbeiten, auch Kanban werde bei den Münchnern wertgeschätzt.

Eine 100-prozentig agile Strategie brauche die Rückendeckung der Unternehmensführung, die vom Weg von Projekten zu Produkten überzeugt werden müsse, erläutert Ralf Waltram. Auch Frank Loydl berichtet von entsprechenden Gesprächen. Überzeugen konnte man Vorstandsmitglieder vor allem durch die konkrete Vorführung der neuen Arbeitswelten. Vieles auf der Top-Management-Ebene hänge jedoch von persönlichen Vorlieben der Unternehmensführung ab.

„Bei uns stellt sich nicht mehr die Frage, wer agil arbeiten darf“ – Ralf Waltram

Nicht nur Mitarbeiter, sondern auch die Führung müsse sich verändern, erklärt Frank Loydl. Manager verwalten derzeit Ressourcen, so der Audi-CIO. Hierfür gebe es in Zukunft jedoch keinen Platz, wenn ein nachhaltiger Wandel durchgeführt werden soll. Gleichzeitig sei es nötig, Schnittstellen zu bestimmten Fachbereichen zu öffnen, die einen Einblick in neue Methoden gewähren können. Nur so sei es möglich, hier einen agilen Anstoß zu geben, den die Fachbereiche evaluieren und gegebenenfalls zum Einsatz bringen können. Dass sich entsprechende Methoden jedoch in jedem Bereich durchsetzen, sei keineswegs sicher und teilweise auch nicht sinnvoll, so Loydl.

„Man muss den Mitarbeitern die Möglichkeit geben, sich schrittweise zu entwickeln“ – Frank Loydl

Ein Problem bei der Einführung agiler Methoden sei der Selbsterhaltungstrieb bestehender Strukturen, erklärt Frank Loydl. „Es gibt zahlreiche neue Rollen“, ergänzt Waltram. Für diesen Wandel müssen die Mitarbeiter überzeugt und begeistert werden. Diesen Wandel mit der Brechstange zu erzwingen, sei absolut kontraproduktiv, so der BMW-Experte.

Bild: Faces by Frank

„Deutschland ist in Sachen Agilität relativ offen“ – Frank Loydl

Für agiles Arbeiten sei es auch nötig, eine gemeinsame Sprache zu sprechen. Vor allem vor dem Hintergrund agiler Werte sei es notwendig, im Unternehmen einen Dialog durchzuführen, der sich nicht auf Basis trivialer Buzzwords abspielt. Dass entsprechende Methoden und Mindsets nicht von einem Tag auf den anderen umzusetzen seien, betont auch Ralf Waltram. Ein entsprechender Prozess müsse gelebt werden.

„Ellbogen ausfahren und agiles Arbeiten passt nicht zusammen“ – Ralf Waltram

Bei Agilität gelte es, einen eigenen Weg zu finden, der zu den Werten und der Tradition des Betriebes passe, erklärt Ralf Waltram. Mit einer Kopie anderer Unternehmen sei es nicht getan, dies sei „Fake Agile“, so Waltram. Ebenso wie Frank Loydl betont auch der BMW-Mann das notwendige Miteinander über Abteilungsgrenzen hinweg – auf Basis von gegenseitiger Wertschätzung.

„Bei Agilität herrscht unheimlich viel Hype“ – Frank Loydl

Agile Methoden und agile Organisation seien zwei paar Schuhe, erklärt Frank Loydl zu Beginn der Diskussion. Projektseitig mache es Sinn, entsprechende Methoden einzusetzen, jedoch müsse auch der organisatorische Part entsprechend umgestellt werden. Durch agiles Arbeiten entstehe ein gewisses Mindset mit Werten wie Zusammenarbeit und Transparenz, die sich über das Mindset der Mitarbeiter auch im Rest des Unternehmens ausbreiten.

Zu Beginn von „Be My Guest“ geben die Gäste per Abstimmung ein erstes Stimmungsbild ab. Das Ergebnis: 82 Prozent der Anwesenden sind der Meinung, Agilität sei in Kombination mit anderen Konzepten ein Vorteil für Unternehmen. Dem Konzept uneingeschränkt offen steht hingegen nur jeder elfte Gast gegenüber, fünf Prozent halten Agilität für ein Buzzword.

Gleich geht es los. Willkommen im Live-Blog zum neuen automotiveIT-Format „Be My Guest“. Im Dialog mit automotiveIT-Chefredakteur Hilmar Dunker und seinem Stellvertreter Ralf Bretting diskutieren Audi-CIO Frank Loydl sowie der für den kurzfristig verhinderten Klaus Straub eingesprungene Ralf Waltram, Vice President IT Systems Research & Development bei der BMW Group, das Thema agile Methoden in der Autobranche.